Das liebe Geld ist ja oftmals das schlagkräftigste Argument, nicht seinen eigenen Weg zu gehen oder das zu tun, was einem wirklich wichtig ist. Eine der stärksten, biografischen Gestaltungskräfte ist das „Geld verdienen“. Wir können nicht die Welt retten – wir müssen Geld verdienen. Selbstverständlich kenne ich nur zu gut die Notwendigkeit, Geld verdienen zu müssen. Aber wie ist meine Beziehung dazu?
Zum Beispiel, wenn es darum geht, wie lange Eltern ihre Kinder unterstützen, begegnet mir oft das Argument bzw. der Wunsch, dass ein junger Menschen ja lernen muss auf eigenen Beinen zu stehen, was auch heißt, sein eigenes Geld zu verdienen. Bis heute habe ich nicht verstanden, was „mein eigenes Geld verdienen“ sein soll!?
Ich stimme vollkommen überein, dass es mehr unternehmerisches Denken braucht, dass es wichtig wäre, für jungen Menschen viel mehr Möglichkeiten zu schaffen um Fähigkeiten zu entwickeln die für eine selbstständige Tätigkeit und Lebensgestaltung notwendig sind.
Ich verstehe es allerdings so, dass wir wirtschaftlich immer abhängig sind voneinander – außer wir wollen zurück zur Selbstversorgung und jeder seine eigenen Kartoffeln anbauen. Ich will kein Selbstversorger sein!
Grundsätzlich ist es auch heute schon so, dass ich Geld immer von anderen bekomme – ich kann es ja nicht selber drucken. Aktuell heißt das, entweder ich bin angestellt und bekomme von einem Unternehmen ein Gehalt damit ich bei diesem arbeite, oder ich bin selbstständig und die Menschen bezahlen mich direkt für das was ich tue oder herstelle, oder ich werde vom Staat, der Gesellschaft oder anderen Gemeinschaften unterstützt durch Hartz IV, Spenden oder Fördergelder.
Und in dem Sinne macht es für mich keinen prinzipiellen Unterschied, ob mein Geld von Kunden, Stiftungen, Arbeitgebern, Freunden, dem Staat oder den Eltern kommt.
Die Frage ist für mich, wie die konkrete Beziehung ist. Wie frei die Beziehungen gestaltet werden können.
Konkret habe ich das bei meinen eigenen Projekten in den letzten Jahren immer wieder erlebt: diese wurden immer „nur“ über Stiftungen finanziert, wodurch ich ja total abhängig war/bin. (Ja genau!!! Ist doch logisch.) Und daraus entsteht dann das Gefühl, das ich sehr viel um mich herum erlebe, dass man immer betteln gehen muss und das nervt. So kommt es zum dem Wunsch, sein eigenes Geld zu verdienen und in die Wirtschaft zu gehen.
Das mag ja auch sein, dass der eine oder andere sich dort freier fühlt. Ich für mich kann sehr klar sagen, dass die Auftragsfilme, die ich für Kunden mache oder die Nebenjobs im Messebau oder so um mich zu finanzieren, mich sehr viel unfreier machen als das Geld das ich von Stiftungen für meine Projekte bekomme. Ich bin doch auch als Selbstständiger von Kunden abhängig! Deshalb meine ich, ist es eine sehr individuelle Geschichte. Aber ich halte es für elementar, dass wir uns eingestehen: wir sind finanziell abhängig!
Ich stelle fest: ich bin ein soziales Wesen und ich will mit anderen Menschen zu tun haben!
Und das ist das geniale am Geld, weil es genau das, jeden Tag neu versinnbildlicht. Geld ist Ausdruck von Beziehung! Und das heißt, der Wunsch nach finanzieller Unabhängigkeit ist vielleicht eigentlich die Angst vor den Menschen?! Das erlebe ich viel, dass es eine Angst gibt vor verbindlichen Beziehungen, weil die einen unfrei machen.
Damit sind wir endlich bei der Freiheitsfrage:
„Freiheit heißt: ich kann tun und lassen was ich will“ – das sitzt ganz schön tief in uns drin. „Freiheit entsteht aus Liebe zur Sache“ oder „Frei sein heißt, in Handlungen sich auszuleben die man liebt“ (nach Steiner) – entspricht viel mehr dem, was mein Erlebnis von Freiheit ist! Und das ist ja gerade die Verbindlichkeit.
Was heißt das für unseren Umgang mit Geld?
Ich erlebe als entscheidend, dass jeder Mensch seine Aufgabe in der Welt entdecken und leben kann. Und es braucht die anderen Menschen, die dies ermöglichen. Und Geld kann dafür das Mittel sein.
Das heißt für mich auch, das meine Mission eben gerade nicht eine Privatangelegenheit ist. Das ist ja so eine weit verbreitete Haltung: „Ja, was du mit deinem Leben willst, dass musst du erst mal alleine raus bekommen!“. Ich sehe es als eine der großen Aufgaben unserer Gesellschaft, das wir den Umgang mit Geld so gestalten, dass er jedem Menschen die Möglichkeit gibt, das zu tun, was er als seine Aufgabe erlebt.
Geld als Ausdruck von Beziehung, von Potential, welches ich einem anderen Menschen zuspreche. Ich glaube an deine Mission. Verwirkliche sie.